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Die Strategie der Bundesregierung in der Corona-Pandemie heißt: „Impfen, impfen, impfen“ und „Testen, testen, testen“. Deutschland hat für das Jahr 2021 etwas mehr als 700 Millionen Tests eingekauft und außerdem bei einer gemeinsamen Beschaffungsaktion der Europäischen Union einen Bedarf von 240 Millionen PoC-Antigentests angemeldet, zu einem Stückpreis von 2,50 € bis 4,50 €. (PZ 95.4.2021).
Alle Schüler und Lehrer müssen sich bundesweit zwei- bis dreimal wöchentlich auf SARS-CoV2 testen (lassen) – es sei denn sie sind geimpft oder „genesen“. In einigen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstin, Sachsen-Anhalt, Sachsen oder Bayern ist das seit April 2021 verpflichtend. Bei Nicht-Teilnahme oder Nicht-Vorweisung eines negativen Testergebnisses dürfen die Klassenräume nicht betreten werden.
Der Test muss in der Schule als Selbsttest, in einem anerkannten Testzentrum oder in einer Arztpraxus oder einer zertifizierten Apotheke durchgeführt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, wenn in der Bekanntschaft ein Arzt/eine Ärztin oder ApothekerIn dazu bereit ist, den Test bei ihm/ihr zu Hause durchzuführen: „Fällt ein Elternteil persönlich unter die in § 6 Abs. 1 TestV genannten Leistungserbringer, so kann dieser den Test auch zuhause durchführen und entsprechend bescheinigen lassen. Diese Möglichkeit steht insbesondere den Elternteilen offen, die selbst als Ärzte oder Apotheker tätig sind“ (KM Bayern 26.9.2021).
Zweimal geimpfte oder „genesene“ Schüler unterliegen keiner Testpflicht. Ein Impfschutz gilt dabei zwölf Monate, eine „Genesung“ wird nur bis sechs Monate nach einem positiven PCR-Test anerkannt. Eine völlig absurde Regelung, da der Nachweis von Antikörpern oder Gedächtniszellen viel zuverlässiger ist und einen vermutlich lebenslangen Schutz anzeigt.
Für die Mitarbeiter in deutschen Unternehmen will die Bundesregierung keine explizite Testpflicht vorschreiben, weil der Abstrich ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist (SPIEGEL 12.4.2021). Bei Schülerinnen und Schülern sind die Behörden da weniger zimperlich – sie machen das sogar ohne schriftlich Einwilligung. Und in den meisten Bundesländern trauen sie den Eltern auch nicht zu, die Kinder zu Hause eigenverantwortlich zu testen. Sie misstrauen ihnen.
PCR-Lolli-Tests
In manchen Bundesländern wird seit dem Schuljahr 2021/22 an den Grundschulen ein sogenannter PCR-Lolli-Pooltest durchgeführt (z.B. KM Bayern 2021). Die Schüler kauen 30 Sekunden auf zwei Abstrichtupfern herum, die dann gemeinsam für eine Klasse („Pool“) mit der PCR-Methode ausgewertet werden. Ist ein Pool positiv, werden noch am selben Tag die jeweiliegen Einzelproben der Schüler untersucht und ausgewertet. Das Ergebnis wird Schulen und Eltern und dem Gesundheitsamt elektronisch mitgeteilt. Testpositive Kinder müssen in Quarantäne. „Das Gesundheitsamt setzt sich mit den Erziehungsberechtigten des infizierten Kindes in Verbindung und identifiziert nach Einzelfallprüfung gegebenenfalls weitere Kinder, die zunächst in Quarantäne gehen müssen.“ (KM Bayern). Die Teilnahme am Pooltest ist freiwiilig, die Eltern können ihre Kinder auch mit PCR- oder Schnelltest in einer Teststation oder einer Apotheke testen lassen.
Gleich bei Schulbeginn gab es in Bayern große Probleme mit den PCR-Pooltests: Mangel an Testmaterial, Probleme beim Datentransfer, fehlende Einverständniserklärungen der Eltern, Kapazitäts-Engpässe in den Laboren, Verzögerungen beim Transport der Proben. Auch das Zuordnen und Bekleben der Röhrchen ist eine logistische Herausforderung mit zahlreichen Fehler- und Verwechslungsmöglichkeiten. An vielen Grund- und Förderschulen musste die Einführung verschoben werden (BR 20.9.2021).
Im Unterschied zum Schnelltest werden beim PCR-Test Daten verarbeitet, da ein Labor beteiligt ist und die Ergebnisse elektronisch sowohl an die Schule als auch, wenn positiv, an die Eltern und an das Gesundheitsamt übermittelt werden. Daher müssen die Eltern einwilligen. Sie sind auch gezwungen, in die Weitergabe der Daten an eine Forschungseinrichtung einzuwilligen. Wenn SIe dies nicht wollen, müssen Sie in Eigenregie und künftig vielleicht auf eigene Kosten regelmäßig Schnelltests durchführen lassen; Vorteile dabei auch: weniger empfindlich und dadurch seltener falsch positiv, keine Unterstützung der PCR-Laborindustrie.
Das Material der Tupfer von PCR-Pooltests werden als ungiftig dargestellt (SchuMi NRW). Es handelt sich um dieselben Tupfer, die auch bei Schnelltests verwendet werden. Die „Watte“ besteht aus handelsüblichem Nylon und ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol), ein Stoff, der auch z.B. bei LEGO oder Playmobil verwendet wird. Sie werden nach Auskunft aus NRW nicht mit Ethylenoxid, sondern mit Strahlen sterilisiert.
PCR-Lolli-Tests verfügen über keine komplette EU-Zulassung (weder regulär per CE noch als Sonderzulassung über das BfArM). Zugelassen als Medizinprodukte sind nur die einzelnen Komponenten: die Probenahme-Tupfer in der Schule sowie Utensilien im Labor, insbesondere das „RT-PCR System“. Die Lutsch-Tupfer verstoßen mindestens durch fehlende Anwenderdokumentation gegen EU-Recht.
PCR-Tests müssen nach Bundesgesundheitsministerium durch „medizinisches Personal“ vorgenommen werden, nach bayerischem Gesundheitsministerium durch „medizinisches oder ärztlich eingewiesenes Personal“. Bei der Durchführung der Tests kann es zur Kontamination oder Verwechslung von Proben kommen. Auch die Anwenderdokumentation des chinesischen Herstellers weist die Tupfer zur Anwendung durch medizinisch-professionelles Personal aus und nicht zur Eigenanwendung durch Laien oder gar Kinder, und auch nicht durch Lutschen. Der Einsatz eines Medizinprodukts in der Schule erfordert zudem einen Sicherheitsbeauftragten und eine Gefährdungsanalyse.
Die Proben an den meisten Schulen werden daher nicht ordnungsgemäß entnommen. Die PCR-Lollitests an Schulen sind„ohne gültige Rechtsgrundlage nichts anderes als Körperverletzung im Amt“, die Ergebnisse und daraus folgende Maßnahmen wie Schulausschluss und Quarantäne sind rechtlich fragwürdig (Rubikon 30.9.2021).
#In Bayern hat sich eine Elterninitiative formiert, die den sofortigen Stopp der Lolli-PCR-Tests fordert und einen Brief in diesem Sinne an die Verantwortlichen der Staatsregierung geschrieben hat (kinderrechtejetzt 7.10.2021). Eine Petition gegen die Lollitests wurde im Bayerischen Landtag abgekanzelt. Die beiden Berichterstatter, Gerhard Waschler (CSU) und Anna Schwamberger (GRÜNE) beschränkten sich darauf, „die einen Tag zuvor erstellte Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung zu zitieren: Die Abstrichtupfer würden nicht schmecken und keine Stoffe abgeben; sie trügen ein CE, seien geprüft und erfüllten alle gesetzlichen Anforderungen. Das war’s. Die Petition wurde abgewiesen“ (kinderrechte jetzt 29.1.2022).
#Bei Laboruntersuchungen der Tupfer, die von betroffenen Eltern selbst finanziert wurden, fanden sich organische Verbindungen (u.a. Formaldehyd, Dekan, Ethylacetat) und mineralische Rückstände (Silizium, Aluminium, …) gefunden – von denen keiner deklariert ist. Es wurde auch nachgewiesen, dass die Fasern des „Wattebausches“ über scharfkantige Enden verfügen, und dass sich Teile (Mikropartikel) bei der Benetzung mit Speichel ablösen und verschluckt werden.
In der Bewertung heißt es: „Die als „Lollis“ für PCR-Pooltests eingesetzten Babio-Abstrichtupfer enthalten zahlreiche Stoffe, die nicht deklariert und als gesundheitsgefährdend zu bewerten sind.… In Anbetracht dessen, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 bei Kindern fast immer mild oder sogar symptomlos verläuft, erscheint es unter diesen Bedingungen fraglich, ob der gewünschte Nutzen (Erkennung einer Infektion mit SARS-CoV-2) bezogen auf das Risiko einer gesundheitlichen Schädigung ausreichend ist, um die Durchführung der PCR-Lollitests als Massen-Screening hunderttausender Kinder zu rechtfertigen“ (Kinderrechte jetzt 18.2.2.2022).
Auf ihrer Website geht die Organisation Kinderrechte Jetzt e.V. auch auf grundsätzliche Fragen zu Lollitests ein, etwa bezüglich Schadstoffen, Grenzwerten oder Regularien für Kinder (kinderrechtejetzt 2.3.2022).
Im Unterschied zum Schnelltest werden beim PCR-Test Daten verarbeitet, da ein Labor beteiligt ist und die Ergebnisse elektronisch an die Schule, gegebenenfalls auch an das Gesundheitsamt übermittelt werden. Daher müssen die Eltern einwilligen. In manchen Bundesländern wie etwa in Bayern müssen sie auch in die Weitergabe der Daten in anonymisierter Form an eine Forschungseinrichtung einwilligen. Die Forschungsdaten werden erst nach zehn Jahren gelöscht (KM 10.9.2021). Bei fehlender Einwilligung findet in der Regel „Distanzunterricht“ statt. Dieser erschöpft sich jedoch in der Versendung von Unterrichtsmaterial. Mancherorts gründeten Eltern daher „illegale“ Schulen (br 25.9.2021).
#Hier finden Sie einen Steckbrief zum Lolli-PCR-Pooltest: Steckbrief_Lolli-PCR-Pool-Tests_SARS-CoV-2_V3-1
Das RKI bezeichnet die Rate falsch positiver PCR-Befunde zwar als „sehr gering“ (RKI 9.9.2021), jedoch lassen bekannt gewordene Labor-„Pannen“ vermuten, dass das Problem falscher Befunde durch die Massentests ein großes Ausmaß angenommen hat (BR 28.10.2020). Bei niedrigen Infektionszahlen sind schon sehr geringe Fehlerquoten ein relevantes Problem (hs 23.6.2020, multipolar 21.6.2020). Zudem unterliegen die über 200 kommerziellen PCR-Testsysteme bis 2022 keiner externen Kontrolle, sondern es genügt eine nur von den Herstellern selbst vorgenommene Zertifizierung (PEI 23.3.2020, ebM-Netzwerk 8.9.2020).
Ein gravierender Fehler bei den PCR-Tests wird durch unbedeutende Virusbruchstücke verursacht: „Für die Übertragung sind vollständige lebendige Viren erforderlich, nicht die durch PCR identifizierten Fragmente“ (Jefferson 3.12.2020, Uni-Due 18.6.2021). Während intakte und infektiöse Viren nur maximal neun Tage nach Beginn einer COVID-19-Erkrankung ausgeschieden werden, sind Teile ihres Erbmaterials durchschnittlich 20 Tage, unter Umständen jedoch auch noch nach zwei bis drei Monaten nachweisbar (RKI 24.7.2020, Mayer 31.7.2020, Cevik 29.7.2020). Sogar Menschen, die gar nicht erkranken, können Virusmaterial im Rachen haben – etwa wenn sie schon früher mit dem gleichen oder einem ähnlichen Virus Kontakt hatten und immun sind, oder wenn sie geimpft sind. Seit April 2021 wissen wir außerdem, dass Bruchstücke von SARS-CoV-2 während einer Infektion in die DNA menschlicher Zellen integriert werden können (Zhang 19.4.2021). Diese Fragmente können von PCR-Tests erkannt werden, mit dem Ergebnis eines falsch-positiven Tests, denn es handelt sich nicht um einen aktiven Virus.
Aus dem Nachweis von Coronavirus-RNA durch PCR-Tests kann weder sicher auf eine Erkrankung noch auf Infektiosität geschlossen werden. Damit begründete Quarantänemaßnahmen – besonders schwerwiegende Eingriffe in die Freiheitsrechte – sind somit vermutlich rechtswidrig.
Schnelltests
Über die Fragwürdigkeit und Fehlerhaftigkeit der massenhaften Testungen gesunder Menschen haben sich schon viele Experten ausgelassen. Informationen dazu finden sich in meinem Coronablog unter „Die Testpandemie„. Nach den Gebrauchsanweisungen der meisten Schnelltests ist eine Anwendung außerhalb der akuten Phase einer Infektion ausdrücklich nicht empfohlen: Falsch positive Ergebnisse sind bei einer solchen Strategie häufig – auch bei der anschließenden PCR-Nachtestung.
Prof. Werner Bergholz, der auch als Sachverständiger beim Bundestag geladen war, resümiert: „Ein Schnelltest, der die Anforderungen der WHO erfüllt, ergibt bei einer Prävalenz von 200 (entspricht Inzidenz von 200) überwiegend falsch positive Ergebnisse und ‚übersieht‘ 40 Infizierte… Es ist aufgrund der prinzipiellen Schwächen des Antigentests und der Fehlerquellen des PCR Tests mit der im Moment unbekannten falsch positiv Rate nicht zielführend, die Teststrategie ‚Antigen Schnelltests mit nachgeschalteten PCR Tests‘ an Schulen durchzuführen“ (Bergholz 10.4.2021). Lothar Wieler, Robert-Koch-Institut, nennt eine falsch-positiv-Quote von fünfzig Prozent (Min. 1.03 Phoenix 26.3.2021). Bei Schnelltests an Schulen in Ludwigsburg waren bis zu 70 Prozent der positiv getesteten Kinder nicht mit dem Coronavirus infiziert (LK 25.3.2021). Laut einer Grafik und einem Berechnungs-Tool des RKI könnten auch mehr als 90 Prozent aller Testergebnisse falsch positiv sein (RKI 21.2.2021).
Die Cochrane Collaboration konstatiert in einem Review: „Wir haben keine Daten oder Studien gefunden, die die Genauigkeit dieser Tests bewerten, wenn sie beim wiederholten Screening von Personen ohne bekannte Exposition gegenüber SARS-CoV-2 eingesetzt werden. Solche Test-Strategien können sich bisher nicht auf ‚Real-World‘-Evidenz aus der Praxis stützen“ (Cochrane 24.3.2021). Weiter hießt es, bei der Testung von 10’000 symptomlosen Personen und einer „Inzidenz“ von 500 „müsste man damit rechnen, dass die Tests 125 bis 213 positive Ergebnisse liefern würden und dass 90 bis 189 dieser positiven Ergebnisse falsch positiv wären“. Bei einer realistischeren „Inzidenz“ von 100 wäre die Fehlerquote noch deutlich höher.
Die Schnelltests sind oft falsch negativ. Christian Drosten meint: „An fünf von acht Tagen entdecke ich mit dem Antigentest eine Infektion, an drei Tagen werde ich sie übersehen“ (tagesschau 13.4.2021).
#Die Verbreitung Omikron-Variante des Coronavirus hat dazu geführt, dass Schnelltests in ihrer Aussagekraft noch weiter eingeschränkt sind. US-amerikanische Forscher schreiben: „Ausgehend von der Viruslast und von Übertragungen, die durch epidemiologische Untersuchungen bestätigt wurden, waren die meisten Omikron-Fälle mehrere Tage lang infektiös, bevor sie durch Antigen-Schnelltests nachgewiesen werden konnten“ (Adamson 5.1.2022).
Medizinische Fachgesellschaften halten es angesichts fehlender Daten zur Validität von Antigenschnelltests gerade bei asymptomatischen Kindern weder für gerechtfertigt noch für angemessen, Schnelltests flächendeckend in Schulen und KiTas einzusetzen. Es sei zu erwarten, dass die Zahl falsch negativer und falsch positiver Ergebnisse inakzeptabel hoch ist und weit mehr Schaden als Nutzen mit sich bringt (BVKJ 28.2.2021).
Hier ein Steckbrief SARS-CoV-2_Antigen-Tests und ein Steckbrief zum Schnelltest Safecare-Biotech, der neuerdings in bayerischen Schulen eingesetzt wird.
Im März 2021 wurde in Deutschland auch ein Corona-Spucktest zur Selbstanwendung zugelassen (GL 15.3.2021). Er verlangt allerdings ein gewisses Maß an Kooperativität („es sollte 3- bis 5-Mal kräftig gehustet werden“), exakte Dosierung des Speichelvolumens („das gesammelte Probevolumen sollte ohne Schaum 0,5 ml betragen… das korrekte Volumen ist für die Zuverlässigkeit des Tests essenziell“) und anschließendes Hantieren mit einer Pufferflüssigkeit. Ohne HIlfe eines Erwachsenen ist das illusorisch. Er wird an Schulen bisher nicht verwendet.
Selbsttests sind juristisch heikel, psychologisch katastrophal, führen zu massenhaft falsch negativen oder falsch positiven Ergebnissen mit entsprechenden Quarantäneanordnungen und schreiben durch Erhöhung der Inzidenzzahlen die Pandemie fort.
Nach Professor Reinhard Berner, Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin an der Dresdner Uni-Klinik, sind die Schnelltests an Schulen keine sinnvolle Strategie. Die Treffsicherheit sei „lausig schlecht“ , das gelte umso mehr, je jünger die Kinder sind, und vor allem, wenn sie symptomfrei sind (DNN 22.4.2021, Bezahlschranke):
„Wenn ich an einer Schule 1.000 Schüler teste, unter denen zehn infiziert sind, finde ich nur zwei von ihnen, acht aber nicht. Dafür finde ich zusätzlich sechs bis acht falsch positive, die also erst einmal in Quarantäne müssen, obwohl sie nicht infiziert sind“ .
Selbst die sonst immer regierungskonforme Tagesschau stellte die Zuverlässigkeit der Schnelltests in Frage (tagesschau 10.5.2021). In Hamburg stellten sich im Juli 2021 80 Prozent der positiven Ergebnisse als falsch positiv heraus (ZEIT 4.7.2021). #Thomas Mertens, Chef der STIKO, die auch zu nichtpharmazeutischen Maßnahmen Empfehlungen abgibt, zweifelte die Sinnhaftigkeit von Massentests für Schüler an: „Ich frage mich, wie wichtig es tatsächlich ist, jedes symptomlos infizierte Kind durch Testung zu entdecken … Würde es möglicherweise reichen, jedes Kind mit Symptomen frühzeitig zu identifizieren und zu isolieren? Das mag zwar ketzerisch klingen, aber man sollte darüber nachdenken“ (PNP 6.8.2021).
Wen die Fehlerhaftigkeit der gängigen Schnelltests noch mehr interessiert, und die Wahrscheinlichkeit, durch einen falsch-positiven Befund in eine 14tägige Quarantäne zu kommen, der kann bei Corona-blog nachschlagen.
Eltern können sich beim Bundesamt für Arzneimittel erkundigen, ob der Test, der an der Schule ihrer Kinder verwendet wird, auch die Voraussetzungen der Sonderzulassung erfüllt, speziell ob er über eine deutschsprachige Gebrauchsanweisung für die Eigenanwendung sowie über eine Gebrauchstauglichkeitsstudie nach IEC 62366 verfügt – s. „Hinweise zur Sonderzulassung von Antigen-Tests durch das BFarM“ – „Besondere Hinweise bei in-vitro-diagnostischen Tests zur Eigenanwendung durch Laien“ (BFArM). BFArM Kontakt
Für alle derzeit verwendeten Selbsttests müssen die Schüler Abstriche aus dem vorderen Nasenbereich machen. Nasale Selbsttests sind medizinethisch invasive Eingriffe und bedürfen daher bei Minderjährigen einer ausdrücklichen Einwilligung der Eltern. Eine Einwilligung ist nur wirksam, wenn vorher über Risiken vollumfänglich aufgeklärt wurde und eine Nutzen/Risiko-Abwägung stattgefunden hat.
Das bayerische Kultusministerium ist jedoch da anderer Meinung und dreht den Spieß um: „Die Abgabe einer ausdrücklichen Einverständniserklärung durch die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten (bzw. durch volljährige Schülerinnen und Schüler) ist nicht erforderlich… Wenn Ihre Tochter bzw. Ihr Sohn nicht an den Selbsttests in der Schule teilnehmen soll und auch kein alternatives negatives Testergebnis vorgelegt werden kann, müssen Sie das der Schule mitteilen. Ein Schulbesuch ist dann nicht möglich“ (KM 11.4.2021).
Das ist juristisch fragwürdig.
Schnelltests zur Eigenanwendung sind nicht regulär zugelassen, sondern haben eine nationale „Sonderzulassung“ für den Heimgebrauch, nicht jedoch für Schulen. Viele Schüler sind durch wesentliche Schritte der Anwendung der Tests überfordert – vom Auspacken, über die Probennahme und die Auswertung bis hin zur Entsorgung. Selbst erwachsene und untrainierte Laien tun sich da schwer.
Im Vergleich zu den Beipackzetteln für Fachpersonal sind in den meisten Gebrauchsanweisungen für Laien weniger oder gar keine Hinweise auf Gesundheitsgefährdungen oder Vorsichtsmaßnahmen enthalten. Bei manchen Tests gibt es Warnhinweise bezüglich der Testflüssigkeit („Die Pufferlösungen enthalten Natriumazid und könnten daher explosiv mit Blei- oder Kupferrohren reagieren“; „Halten Sie die Sets von Kindern fern, um das Risiko des versehentlichen Trinkens der Pufferflüssigkeit oder des Verschluckens von Kleinteilen zuverringern“, Siemens Clinitest); „Kann allergische Hautreaktionen verursachen. Verursacht schwere Augenreizung. Schädlich für Wasserorganismen, mit langfristiger Wirkung„ Roche Antigentest).
Schnelltests sind Medizinprodukte und dürften nach der Medizinprodukte-Betreiberverordnung nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend angewendet werden, und nur von Personen, die die dafür erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und Erfahrung besitzen. Eine Einweisung in die ordnungsgemäße Handhabung wäre erforderlich. Es müsste ein Qualitätssicherungssystem eingerichtet werden, die Schule braucht einen Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte.
Nach Prof. Bergholz ist die Anwendung für Massentests in nicht kontrollierter Laborumgebung und ohne wissenschaftliche Begleitung nach der REACH Vorgabe unzulässig. Dies ist umso mehr der Fall, wenn eine solche Handlung behördlich angeordnet wird, ohne dass vorher eine Risikoanalyse und eine Untersuchung auf Rechtmäßigkeit vorgenommen wurden (Berholz 26.4-2021).
Elternverbände und Lehrkräfte protestierten dagegen, dass sich Schüler in den Klassenzimmern selbst testen sollen (SZ 25.3.2021). Lehrer müssten möglicherweise die Haftung übernehmen, falls Kinder sich bei der Testung verletzen und bei der Aufsicht „grobe Fahrlässigkeit“ vorliegt (KM 7.4.2021). Die GEW äußerte sich kritisch unter anderem wegen fehlendem Datenschutz, psychischer Belastung der Schüler, Arbeitsaufwand und mangelndem Infektionsschutz, und stellt ein Remonstrationsschreiben und eine Überlastungsanzeige auf ihrer Website zur Verfügung (GEW 24.3.2021).
Der VGH München lehnte es zwar am 12. April 2021 ab, die Regelung zu Corona-Tests für bayerische Schülerinnen und Schüler vorläufig außer Vollzug zu setzen. Es stellte jedoch klar, dass die Testteilnahme „ausschließlich freiwilliger Natur sei“. Bei Ablehnung müsse sichergestellt sein, dass Unterrichtsangebote im Distanzunterricht bestehen. Andernfalls sei nicht von der erforderlichen Freiwilligkeit der Einwilligung in die Erhebung gesundheitsbezogener Daten auszugehen (juris 12.4.2021). Distanzunterricht ist allerdings ein erheblicher Nachteil, so dass dadurch die Freiwilligkeit in Frage gestellt ist (Science.orf 9.4.2021).
Zu befürchten sind erhebliche psychische und soziale Auswirkungen der „freiwilligen“ Selbsttestungen: Sie finden statt in in ungeschützten Räumen ohne Diskretion und Schutz der sensiblen, personenbezogenen (Gesundheits-)Daten der Schüler. Das bayerische Kultusministerium beispielsweise redet sich aus dem Datenschutzverstoß mit folgendem Argument heraus: „Der Selbsttest wird in der Regel im Beisein vertrauter Personen durchgeführt (Mitschülerinnen und Mitschüler, Lehrkräfte der Klasse)“ (KM 7.4.2021). Die Schüler erleben sich als potentielle Gefährder, herabgewürdigt zu Testobjekten. Es ist für sie eine unzumutbare seelische Belastung, das Durchfließen der Testflüssigkeit beobachten und auf die Verfärbung der Testlinien warten zu müssen, die wie ein selbstvollstrecktes Gottesurteil zur Absonderung, Aussonderung, ja Vertreibung führen kann und die eigene Familie mit in den Strudel reißt. Die Kinder erleben Druck, Stress, Angst und Scham; in den Klassen kommt es zu Gruppenbildungen, Ausgrenzung und Mobbing („Jeder, der sich nicht testen lässt, muss noch weiter weg von den anderen sitzen“). Wegen der hohen Fehlerquote der Schnelltests ist mit unzähligen unnötigen Quarantänemaßnahmen zu rechnen.
Es ist ein gravierender Verstoß gegen die Menschenwürde, wenn Kinder an sich selbst diagnostische Maßnahmen vornehmen müssen.
Welche Auswirkungen das (Selbst-)Testen auf das Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern, auf die kindliche Psyche, auf die Schweigepflicht und den Datenschutz haben kann, schildert ein nordrhein-westfälischer Gymnasiallehrer auf Youtube (Kaiser 17.3.2021). Er ruft seinen Kollegen zu: „Ich wundere mich vor allem darüber, dass ihr euch nicht wundert. Ausgebildete Pädagogen nicken diese Eingriffe in Privatsphäre und Würde des Menschen ab“.
Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Helene Timmermann befürchtet: „Die Angst, krank und infiziert zu sein, wird zwangsläufig zum täglichen Begleiter… Es wird in Zukunft deutlich mehr Angststörungen und Zwangsstörungen geben. Das bahnt sich jetzt schon an: Eltern rufen an und sagen: ‚Mein Kind war schon immer ängstlich und zurückgenommen, aber jetzt ist es dramatisch, wir halten es nicht mehr aus“ (Nordkurier 6.3.2021).
Eine ausführliche Kritik der Corona-Testungen von Schülern veröffentlichte Christof Kuhbandner (telepolis 15.3.2021).
An den Schulen in Thüringen endete die Corona-Testpflicht am 22. September 2021 (mdr 21.9.2021). #In Großbritannien lehnt die parteiübergreifende parlamentarische Gruppe „Pandemic Response and Recovery“ eine Weiterführung der Testungen gesunder Schulkinder ab. Auch nach zwei Jahren gebe es keine soliden randomisierten Kontrollstudien zum Nutzen für die öffentliche Gesundheit. Die von Experten vorgelegten Beweise zeigten im Gegenteil, dass die andauernden Testungen den Kindern erheblichen Schaden zufügen und bei ihnen Ängste auslösen. Sie seien sehr invasiv und eine traumatische Erfahrung, daher unethisch und „nichts weniger als staatlich geförderter Kindesmissbrauch“. Zudem seien sie „eine entsetzliche Verschwendung von Zeit und Geld“. Tests sollten nur dann durchgeführt werden, wenn sie klinisch notwendig sind, z. B. wenn ein Kind so krank ist, dass es ärztlich behandelt werden muss (appg 2.2.2022).